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Modedesign aus der Schweiz – Wie gut funktionniert das?

Anlässlich der “Textile And Fashion Days”, welche die Schweizerische Textilfachschule (STF) diese Woche erstmals durchführte, diskutierten drei ehemalige STF-Studenten über aktuelle Themen und zeigten anschliessend ihre neusten Kollektionen.


 „Welche Vorteile hat der Standort Schweiz?“



Fragte Yannick Aellen, bekannt als Initiator der Schweizer Modeschau Mode Suisse, am Freitagabend am Talk zum Thema “Quality not Quantity – Faszination Fashionlabels und die Entwicklung von Designprodukten mit Seele” seine Gäste. Zum Talk waren die drei ehemaligen STF-Studenten Evelyne Pfeffer vom Damenmode-Label PAMB, Designerin Evelyne Huber, die das Unterwäschelabel Lyn Lingerie führt, und Marco Steiner, Gründer der Herrenkleidermarke MARCO STONE, geladen worden.


Von links nach rechts: Marco Steiner, Evelyne Huber, Pablo Reiniger (Student an der STF), Evelyne Pfeffer und Yannick Aellen

Evelyne Pfeffer nannte als Vorteil für den Standort Schweiz die Möglichkeit, durch die Nähe zu den Kunden eine Stammkundschaft aufbauen zu können. Anders klang es bei Evelyne Huber und Marco Steiner. Marco Steiner hat der Schweiz schon vor einigen Jahren den Rücken gekehrt und geht in Berlin neben dem Designen für MARC STONE auch anderen Tätigkeiten nach. Er sagt, das Label „Swissness“ habe ihn nicht wirklich weitergebracht. Auch Evelyne Huber – die zwar zusammen mit ihrer Geschäftspartnerin noch im eigenen Atelier produziert und die Produktion, die demnächst extern in Auftrag gegeben werden soll, auch weiterhin in der Schweiz halten will – hat die Erfahrung gemacht, dass ihren Kundinnen der Standort zweitrangig ist. „Unsere Stücke müssen toll aussehen und perfekt sitzen. Ich habe bisher von niemandem gehört, dass er sich unsere Dessous kauft, weil sie in der Schweiz hergestellt wurden.“ Die Kunden würden die hohen Qualitätsstandards aber natürlich schätzen.


In der Hälfte der etwas zurückhaltenden Diskussion führte Yannick Aellen ein zurzeit hoch aktuelles Thema ein:


„Was haltet ihr vom neuen ‘Fast Fashion’-Trend, der fordert, dass die auf dem Laufsteg gezeigten Modelle schneller in den Geschäften hängen?“


Marco Steiner sah in der Forderung nach schnelleren Abläufen einen grossen Vorteil: „Es zwingt die Labels zum Umdenken. Um eine schnellere Produktion zu ermöglichen, wird wieder vermehrt auf regionale Standorte zurückgegriffen. Die langen Wartefristen für Ware aus Asien wird immer weniger attraktiv.“ Dieser Trend bestätige sich, wenn man schaue wie viele neue Manufakturen alleine in Portugal und anderen südeuropäischen Ländern errichtet oder wiedereröffnet wurden, so Steiner. Die Produkte würden so trotz erhöhter Produktionsgeschwindigkeit wieder mehr Wertigkeit bekommen.



„Wie steht ihr zu Online-Shops? Sind diese heute unabdingbar?


Mit dieser Frage läutete Aellen die Schlussrunde des rund 40-minütigen Talks ein. Während Marco Steiner und Evelyne Pfeffer mässig begeistert sind vom Online-Trend, ist sich Evelyne Huber vom Label Lyn Lingerie sicher, dass sie und ihr Label ohne das virtuelle Shopping einpacken könnten. „Die Leute in der Schweiz sind in Sachen Dessous sehr zurückhaltend. Die Jungen lustigerweise noch mehr als die älteren Generationen. Die Möglichkeit des Online-Shoppings kommt uns da sehr zugute.“ Obwohl sie selbst am liebsten in einem richtigen Geschäft einkaufen gehe, haben sie und ihre Geschäftspartnerin beschlossen, keinen eigenen Laden mehr zu führen und ganz auf das Onlinegeschäft und den Retail, den Verkauf in anderen Läden, zu setzen.


“Weshalb gibt es nicht mehr Schweizer Labels, die wie etwa Akris grosse internationale Erfolge feiern?”


Diese spannende Frage stellte Ronald Weisbrod, Verwaltungsrat des renommierten Textilkonzerns Weisbrod-Zürrer, als das Mikrofon am Schluss des Fashion Talks ins Publikum weitergereicht wurde. Marco Steiner antwortete darauf, das der Erfolg immer auch ein Geldfrage seiWenn man auch nach der dritten Kollektion noch nicht genügend Stücke verkauft habe, gehe einem neben dem Geld aber auch die Motivation aus. Evelyne Pfeffer wandte zudem ein: „Für internationalen Erfolg muss man eine gewisse Grösse erreicht haben. Dies wiederum geht nur, wenn man gewisse Aufgaben abgibt, was nicht alle gleich gerne machen.“ Sie und ihre Geschäftspartnerin hätten bisher nur die Produktion ausgelagert. Für den Verkauf und das Marketing seien sie neben dem Design selbst zuständig. Und darüber sei sie bisher ganz froh, auch wenn sie nicht die Zeit hätten ein extrem wachstumssteigerndes Marketingkonzept auszuklügeln, denn das sei gar nicht ihr Hauptanliegen.


Zurück zu den Wurzeln



An der anschliessenden Modeschau in der Tiefgarage der STF wurden neben den neusten Kollektionen von PAMB, Lyn Lingerie und MARC STONE auch Kreationen von STF-Studierenden zum Thema “Heritage” gezeigt. Die Studierenden hatten dabei die Aufgabe sich einer Neuinterpretation des klassischen Trenchcoats zu widmen.


Für die aktuelle Kollektion von Lyn Lingerie arbeiteten die Designerinnen  mit verspielten Detailarbeiten und originellen Stilbrüchen. So wurden für die dezenten Dessous, Bodys, Boleros und Jäckchen markante Reissverschlüsse zu feinen Spitzen, Tüll und transparenten fliessenden Stoffen kombiniert.


Von MARC STONE gab es wie gewohnt sehr alltagstaugliche Looks. Es dominierten dunkle Farbtöne wie Marineblau und Violett und sportliche, körperbetonte Schnitte. Ergänzt wurden die gradlinigen Kleidungsstücke mit unaufdringlichen ledrigen Accessoires wie Handschuhen und handlichen Taschen sowie verschiedenfarbigen Beanies.


Den Abschluss machten die vielfältigen Outfits der STF-Studierenden, welche in einer Zusammenarbeit zwischen den Studierenden mit Schwerpunkt Design und jenen mit Schwerpunkt Schnittzeichnen entstanden. Die gemeinsame Komponenten der Schau waren neben Birkenstocks und Wollsocken, Kunstpelz-Clogs und übergrosse Strickmützen.

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